Holzskulptur, im 16. Jahrhundert geschaffen als Vorlage der imposanten Bronzeskulptur, die Papst Julius II. darstellt und in seinem Auftrag 1508 am Tympanon der Basilika San Petronio in Bologna angebracht wurde.

Geschnitzte Holzfigur, gefasst mit Resten der ehemaligen Farbfassung und Vergoldung.

Dreiviertelfigurige Darstellung

Dreiviertelfigurige Darstellung mit flacher Rückseite zur Aufstellung in einer Nische und rückseitig ausgehöhlt, um Spannungsrisse im Holz zu vermeiden.

Höhe 72 cm, Breite im Sockelbereich 40 cm, Tiefe 16 cm

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko

Rückseite der Holzfigur

Die dreiviertelfigurige Darstellung mit flacher Rückseite zur Aufstellung in einer Nische ist rückseitig ausgehöhlt, um Spannungsrisse im Holz zu vermeiden.

Der Kopf

Lebendig, dynamisch, nahezu zeitgenössisch ist der Kopf der Papstfigur ein Zeugnis der Meisterschaft Michelangelos. Mit großer Präzision sind Nase, vor allem der meisterlich geschnitzte geöffnete Mund und die Augen bis hin zum Bart perfekt modelliert und verleihen der Figur insgesamt große Lebendigkeit und Präsenz.

Tiara und Bart

Tiara und der Bart im Kontext der Renaissance bedeuteten für Michelangelo Autorität und reflektieren dessen tiefes Verständnis für die Darstellung von Macht, Weisheit und Autorität. Die Tiara steht dabei für die päpstliche und kirchliche Macht, während der Bart auf göttliche Weisheit und prophetische Autorität verweist. Michelangelo nutzte diese Attribute, um nicht nur physische Schönheit darzustellen, sondern als Symbole mit spiritueller und politischer Bedeutung.

Die Tiara ist traditionell ein Symbol der päpstlichen Autorität und der Macht. Päpste trugen die päpstliche Tiara (auch Triregnum genannt), eine dreifache Krone, als Zeichen ihrer weltlichen und geistlichen Herrschaft. Michelangelo, der in engem Kontakt mit der katholischen Kirche arbeitete, insbesondere mit den Päpsten Julius II. und Leo X., schuf zahlreiche Werke, die in diesem Zusammenhang stehen. Ein prominentes Beispiel, das auf die päpstliche Autorität hinweist, ist auch das Grabmal für Papst Julius II., ebenfalls in dessen Auftrag geschaffen.

Der Bart steht in der Kunst und Symbolik der Renaissance als Attribut von Weisheit, Autorität und göttlicher Macht. Michelangelo setzte den Bart als Ausdruck dieser Eigenschaften in seinen Skulpturen häufig ein.

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko

Die Agraffe

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko

In der päpstlichen Kleidung ist die Agraffe eine dekorative und funktionale Schließe, die das Pektorale (den päpstlichen Mantel oder auch Mozzetta) zusammenhält. Sie dient dazu, die verschiedenen Teile des päpstlichen Gewands an der Brust zu schließen, insbesondere den Mantel oder Umhang, den der Papst über der Soutane trägt.

Die Agraffe ist kunstvoll gestaltet, häufig aus Gold oder Silber gefertigt und kann mit Edelsteinen oder religiösen Symbolen verziert sein. Dadurch trägt sie zur feierlichen und erhabenen Erscheinung des Papstes bei und betont seine Rolle als geistliches Oberhaupt.

Die Agraffe ist ein bedeutungsvolles Schmuckelement, das Würde und Autorität unterstreicht.

Brustbereich

Insgesamt verwendet Michelangelo den Brustbereich seiner Skulpturen als eine zentrale Stelle, um sowohl physische Stärke als auch emotionale und spirituelle Tiefe zu vermitteln.

Die segnende Hand

Die segnende Hand gilt in der christlichen Kirche als spirituelles Symbol.

Sie verkörpert die Vermittlung göttlicher Kräfte und macht sichtbar, dass der Dargestellte ein Kanal göttlichen Segens ist. Die segnende Hand dient also als Ausdruck von Glauben, Hoffnung und Verbindung zwischen dem Himmel und den Gläubigen auf Erden.

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko

Die Füße

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko

Die Darstellung der Füße ist ein weiteres charakteristisches Merkmal des außergewöhnlichen handwerklichen Könnens Michelangelos und seiner tiefen Auseinandersetzung mit der menschlichen Anatomie. Michelangelo schuf die Füße seiner Skulpturen mit derselben Präzision und Aufmerksamkeit wie andere Körperteile, und ihre Gestaltung trägt wesentlich zur Balance, Dynamik und Ausdruckskraft seiner Figuren bei.

Alter der Skulptur

Es liegt ein qualifiziertes Gutachten vor, das deren Alter auf 1490/ 1500 datiert. Bei dem Holz handelt es sich um Linde.

 

Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko
Michelangelo's lost masterpiece - Skulptur Papst Julius II. Foto: Robert Schittko